In dem Vortrag im Rahmen des Forschungsschwerpunkts Text und Edition wurden gemeinsam zwei vom FWF finanzierte Projekte der Evangelisch-Theologischen Fakultät vorgestellt. Im Zentrum der beiden von Univ.-Prof. Dr. Christan Danz geleiteten Forschungsprojekte stehen auf der einen Seite die Werke von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling im Projekt Hybridedition „Schellings Berliner Philosophie der Offenbarung“ (1841-45) (P 34383-G) und auf der anderen Seite die Korrespondenz von Paul Tillich im Projekt Edition of Paul Tillich’s Correspondence (1887-1933) (I 4857-G). Die ausgewählten Textkorpora von Briefen, Manuskripten, und Vorlesungsmitschriften werden als Hybrideditionen aufbereitet, wobei beide Projekte eine kombinierte digitale open-access und eine gedruckte Ausgabe planen. Als Hauptargumente galten die jeweiligen Vorteile von Print- und Digitaledition für die Nachhaltigkeit sowie die bestmögliche Benützbarkeit der edierten Texte. Weitere Gegenstände der Diskussion waren der gemeinsame Workflow beider Projekte, die gattungsspezifischen Nutzungsszenarien beider Editionen sowie die Themen undatierte Briefe, unbekannte Personen und Korrespondenznetzwerke.
Schellings Berliner Vorlesungen zu einer Philosophie der Offenbarung sind in verschiedenen Formen erhalten: in Manuskripten, Drucken, Nachschriften, Tagebüchern sowie Notizen. Das Ziel wäre ein Text aus letzter Hand, der philosophiegeschichtlich aufgearbeitet ist. Dies stellt aber wegen der variierenden Lesbarkeit der Texte, der Fülle und Heterogenität des Materials sowie des Fehlens einer editorischen Infrastruktur früh eine besondere Herausforderung dar. Weitere Schwierigkeiten traten bei der Transkription auf. Aufgrund von unterschiedlichen Überlieferungsträger – etwa Korrekturschriften oder Konzepte – ist die maschinelle Transkription mit Transkribus nur partiell anwendbar – lediglich bei sauber gestalteter Kurrentschrift. Weitere Hürden ergaben sich aus der problematischen Identifizierung von Händen (wegen gleicher Tinte, die verwendet wurde). Bei der Kodierung der digitalen Edition wurde nicht nur allgemein TEI XML verwendet, sondern konkreter das Basisformat des Deutschen Textarchivs. Das Ziel ist ein abschnittsweise gestalteter unmittelbarer Vergleich zwischen dem gedruckten Text der Vorlesungen und dem dazu verhältnismäßig längeren Manuskripten; eine zusätzliche Referenzierung von Textabschnitten durch Schlagworte / ein Sachregister wird erwogen. Die Web-Präsentation, die in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erstellt wird, ist gegenwärtig noch in Arbeit.
Demgegenüber basiert die Edition von Tillichs Korrespondenz – hier der erste Teil (1220 Briefe) eines umfangreicheren Korpus (2800 Briefe) – auf einer Exist-DB und verfügt bereits über ein mit dem TEI-Publisher erzeugtes Graphic User Interface. Unter Verwendung der in der digitalen Edition gesammelten Daten wird für die zukünftige Präsentation auch eine visualisierte Chronologie in einer Timeline mit Filtern überlegt.
Für die Transkription wurde wiederum mit Transkribus gearbeitet, wobei ein eigenes Modell am Ende nur geringfügige Vorteile gegenüber einem bestehenden bot. (Diskutiert wurde der eigenständige Quellenwert gedruckter Schreibkalender und die diesbezüglich noch in Entwicklung befindliche Layouterkennung in Transkribus. Tabellen werden in der digitalen Edition nicht kodiert, sondern auf der Website mithilfe von CSS und HTML erstellt). Die TEI-Kodierung wird mit ODD umgesetzt, so gibt es Pop-Up-Fenster etwa zu erwähnten Personen. Erfasst wurden einzelne Elemente des Briefes, wie Datum, Grußformel, Unterschrift, aber auch <bibl>, oder <persName>; <placeName>.
In der anschließenden Diskussion herrschte u.a. dahingehend Konsens, dass digitale Editionen zwar zeitgemäßer, handlicher und übersichtlicher sind, Printeditionen aber als Lesetexte durchaus weiterhin ihre Berechtigung haben.